Werbeblocker gefährden Qualität von News-Angeboten
23. Apr 18 | Das aktuelle Gerichtsurteil des BGH, wonach der Einsatz von Werbeblockern im Internet zulässig ist, sieht nur auf den ersten Blick wie ein Vorteil für die Nutzer aus. Medienunternehmen finanzieren mit der Online-Werbung, die mit der Software AdBlock Plus unterdrückt wird, ihre Online-Angebote. Es steht zu befürchten, dass durch die wegbrechenden Einnahmen die Qualität von Online-Journalismus leiden wird.
Mit dem von Eyeo vertriebenen kostenlosen Programm werden alle Anzeigen, die in einer sogenannten Blacklist aufgenommen sind, herausgefiltert. Für Internetnutzer unerwünschte Werbung, etwa auf Nachrichtenseiten, wird damit automatisch unterdrückt. Medienunternehmen wie Axel Springer und Spiegel Online hatten geklagt, da sie darin einen Eingriff in ihr Geschäftsmodell sehen. Wie im Print-, Hörfunk- und TV-Bereich werden auch Online-Angebote zum großen Teil durch den Verkauf von Werbeplätzen finanziert. Kritisiert wurde auch, dass sich Eyeo das Durchlassen von Werbung, die von ihren Richtlinien akzeptiert wird, durch die Aufnahme in eine Whitelist bezahlen lasse und damit den AdBlocker finanziere. Manche Medienunternehmen zahlten durchaus für die Aufhebung der Sperre, berichtet etwa Spiegel Online.
Gerichtsurteil zu Werbeblockern belastet Medienunternehmen
Das Programm ist nicht wettbewerbswidrig, so der Bundesgerichtshof. Auch bei Newsangeboten im Netz darf die Werbung herausgefiltert werden. Da Nutzer den Filter aktiv installieren müssen, liege keine direkte Geschäftsbehinderung seitens des Anbieters vor, heißt es. Springer habe keinen Unterlassungsanspruch, so das Gericht. Springer könne sich schließlich wehren, indem der Verlag Nutzern mit Werbeblockern den Zugang zu seinen Nachrichtenangeboten verwehre. In der Gerichtsverhandlung argumenierte Axel Springer (BILD, Die Welt, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt, Hörzu uvm.), dass Werbeblocker das digitale Presseangebot im Internet gefährden.
Jürgen Kettler von Kettler Kommunikation, der viele Jahre als Journalist arbeitete, kann die Besorgnis der Medien nur zu gut verstehen. „Ich wundere mich schon sehr darüber, wie selbstverständlich viele Nutzer heutzutage davon ausgehen, dass im Internet alle Informationen und vieles mehr absolut kostenlos zu haben sein muss. Jedem Mediennutzer muss doch in unserer aufgeklärten Welt inzwischen klar sein, dass sich Qualitätsjournalismus, dessen Wesen eine sorgfältige, mitunter zeit- und kostenintensive Recherche ist, vor allem durch Werbung finanziert.“ Dies gelte für alle Medientypen, selbst im durch Gebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk.“ Entziehe man den Online-Medien, über die sich viele – besonders jüngere Menschen – fast ausschließlich informieren, die Grundlage für qualitätsvolle journalistische Arbeit, verlieren diese für die Demokratie unverzichtbaren Kontroll- und Kritikorgane an Einfluss.
Qualitätsjournalismus sichert das Funktionieren von Demokratie
Das Funktionieren einer Demokratie, in der alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, setzt voraus, dass die Bürger über alle Informationen verfügen, die sie benötigen, um sich auf rationale Weise eine eigene Meinung zu allen politischen Fragen bilden zu können. „Ohne online-werbefinanzierte Nachrichten bricht ein wichtiger Teil der Informationslandschaft weg, das ist Wasser auf die Mühlen Fake-News-Verfassern und Demagogen“, so Kettler.
Axel Springer jedenfalls will jetzt Verfassungsbeschwerde wegen Eingriffs in das Grundrecht auf Pressefreiheit einreichen. Das kündigte der Anwalt des Verlags an.
Fotos/Screenshots: Kettler Kommunikation