Neues Boss-Logo: Fragwürdige Verzückung für das Erwartbare
Das neue Logo von Boss: Versalien, gefettet. Kommt einem irgendwie bekannt vor.
09. Feb 22 | Die Modemarke Boss hat sich einen Markenrelaunch verpasst und dazu auch sein Logo einer Erneuerung unterzogen. Laut einer Umfrage unter Designexperten, die das Marketing-Magazin Horizont kürzlich durchführte, wird der neue Auftritt des Konzerns überwiegend begeistert aufgenommen. Doch kann man diesen Bewertungen uneingeschränkt zustimmen, wenn beim Logo eine der naheliegendsten und vielfach bereits bei anderen Marken angewandten Optionen umgesetzt wurde?
Dass es sich bei dem Markenrelaunch um einen Schnellschuss handelt, diesen Vorwurf kann man dem Mode-Imperium wahrhaft nicht machen. Rund 50 Jahre hat Boss sich Zeit gelassen, um das Logo für seine Kernmarke aufzufrischen und für die Zukunft auszurichten. Angesichts veränderter Modetrends und anderem Konsumverhaltens zweifellos ein erforderlicher Schritt. Die Zielformulierung an die Züricher Agentur, die das Logo entwickelt hat, klingt wie üblich: Die Marke soll unverwechselbarer und prägnanter werden. Auch die Vorgabe, bei jüngeren Zielgruppen, den Millenials und Digital Natives in globalem Maßstab besser zu punkten, überrascht wenig.
Neues Boss-Logo: Verzückung bei Designexperten
Die Stimmen, die beim „Expertencheck“ unter Designfachleuten abgegeben wurden, klingen jedenfalls ganz überwiegend verzückt. Von einem „Befreiungsschlag für die Marke“ ist da etwa die Rede sowie von der „neuen Kraft der Einfachheit“, die konsequent umgesetzt werde. Indem die „eigene Wortmarke heruntergefahren und zurückgenommen werde, schaffe man Platz für das Wesentliche“, heißt es an anderer Stelle.
Was die Kommunikationsmaßnahmen rund um die Kampagnen angeht („Be your own Boss“, Farben Schwarz, Weiß und Camel) lässt sich die Zustimmung noch gut nachvollziehen, die kreierte Farb-, Formen- und Bilderwelt ist durchaus ansprechend.
Logo-Design: Hat man es sich beim neuen Boss-Logo zu leicht gemacht?
Hinsichtlich des Logos kann man da aber durchaus sehr geteilter Meinung sein. So werden auch Stimmen laut, die den brachialen Machtanspruch der Marke in Zeiten von Achtsamkeit, Inklusivität und Kollaboration kritisch betrachten und die Austauschbarkeit des Schriftzuges kritisieren. Der Name Boss ist nun mit Versalien in einer fetten Groteskschrift erstellt, eine dieser serifenlosen Typografien, wie sie so viele andere Marken seit längerer Zeit auch verwenden. Die Strichstärke der Buchstaben ist gleichmäßig, auch das typische Merkmal eines nicht oder kaum vorhandenen Strichkontrasts kommt hier zum Ausdruck.
Den Schriftzug so bold und bossy, so schlicht mit einer Sans Serif-Typographie zu gestalten, ist ein sehr naheliegender, sich geradezu aufdrängender Schritt. Gern wird anschließend das Zurückgenommene, das Einfache daran stark betont und als gekonnter Move bezeichnet.
Man kann sich hier schon die Frage stellen, ob man es sich nicht ein wenig einfach gemacht hat und möglicherweise auf Nummer sicher gehen wollte. Dass Schriften auch Emotionen und Assoziationen wecken können, dass sie, kreativ eingesetzt, Unverwechselbarkeit, ja Einzigartigkeit ermöglichen können, sollte doch hinreichend bekannt sein. Anscheinend sind serifenbetonte Schrifttypen zurzeit aus der Mode gekommen. Könnte also gut sein, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die ersten kommen und diese als cool erachten und wieder offensiv ausspielen.
Das bisherige Logo von Boss: Nicht mehr zeitgemäß für die globale Mellenium-Zielgruppe
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